Fachkräftemangel wird zur Wachstumsbremse

Da staunte die Bürgermeisterin nicht schlecht: HAKU gehört zu nur fünf Firmen weltweit, die in der Lage sind, hochwertige Kunststoff-Kugellager herzustellen. Und die Haller sind die Einzigen in diesem kleinen Kreis, die am liebsten Prototypen und Kleinserien fertigen. In den zehn Jahren seit seiner Gründung in 2004 hat sich das Familienunternehmen prächtig entwickelt. Und warnt jetzt vor einer drohenden Wachstumsbremse: dem Nachwuchs-Mangel in technischen Berufen. Dieser Firmenbesuch des Haller Wirtschaftsförderungstrios Anne Rodenbrock-Wesselmann, Bürgermeisterin, ihr allgemeiner Vertreter Jürgen Keil und die neue Wirtschaftsförderungsexpertin Helga Westmeyer-Schwarze hatte es in sich. Zum einen boten ihnen Astrid und Alexander Lehmkuhl eine Wachstumsstory wie aus dem Bilderbuch, andererseits berichteten sie von ernsthaften Zukunftssorgen. Die haben Ihre Ursache weder im Markt noch im Wettbewerb. Dazu Alexander Lehmkuhl: „Wir haben uns mit ganz viel Spezialwissen in einer kleinen Nische des Maschinenbaus – der Zulieferung komplexer Dreh- und Frästeilen sowie Baugruppen für viele Branchen einen Namen gemacht.“ Im zehnten Jahr des Bestehens sei die Nachfrage hoch, der Nutzen für die Kunden greifbar. 2008 erfolgte der Umzug in die neue Fabrik an der Hegelstraße. Das 22-köpfige Team erwirtschaftete 2013 einen Umsatz von 2,6 Mio. Euro. Sorge macht Maschinenbaumechanikermeister Lehmkuhl und seiner Frau Astrid, die als Diplom-Betriebswirtin und Personalerin lange in der Industrie gearbeitet hat, der Fachkräftemangel. Und der ist für HAKU in erster Linie ein Azubi-Mangel. Die Chefin erklärt: „Unser Know-how ist so spezifisch, unsere Aufgaben so anspruchsvoll, dass wir am besten damit fahren, unseren Nachwuchs selbst auszubilden.“ Der Ruf des Berufes Zerspanungsmechanikers (früher Dreher oder Fräser) leide an dem Blaumann-Image und an der Vorstellung davon, wie eintönig die Arbeit in manch großen Industriebetrieben ist. „Hier bei uns entstehen auf Basis von Konstruktonszeichnungen auf mehrere Hunderttausend Euro teuren, computergesteuerten Maschinen Bauteil-Prototypen und Einzelstücke, bei uns wird auch mit neuen Werkstoffen experimentiert“, zeigte Astrid Lehmkuhl die Unterschiede auf. Wie abwechslungsreich der Beruf in einem Spezialbetrieb wie HAKU sein kann, demonstrierten die Azubis Alexander Zurmühlen (22) und Anna-Lena Klocke (20) den Gästen mit leuchtenden Augen. Weil Zurmühlen seine Ausbildung vorzeitig beendet, wird bei HAKU zum Sommer wieder eine Lehrstelle frei. Bewerber gibt es bisher wenige – trotz überbetrieblicher Lehrwerkstatt, intensiver Hilfe bei der Prüfungsvorbereitung sowie besten Übernahmechancen und Verdienstmöglichkeiten. Astrid Lehmkuhl sieht darin keinen Einzelfall: Gerade den kleinen und kleinsten Unternehmen gingen derzeit die guten Bewerber aus. Von Bürgermeisterin Anne Rodenbrock-Wesselmann erhofft sie sich Hilfe durch den Anstoß gemeinsamer Aktionen. Lehmkuhl: „Wir müssen die Schulen und die Betriebe an einen Tisch bringen, die heimische Wirtschaft braucht so sehr wie selten zuvor die Hilfe von Lehrern und Eltern, um junge Menschen auch für außergewöhnliche und wenig bekannte Berufe zu begeistern.“ Die Bürgermeisterin sagte ihre Unterstützung sofort zu: „Halle ist ein starker Wirtschaftsstandort. Wenn wir das bleiben wollen, müssen wir uns jetzt Gedanken machen, wie wir gemeinsam den Fachkräftemangel lindern können.“

HAKU Azubi
Berichteten den Haller Wirtschaftsförderern mit leuchtenden Augen, wie spannend der Beruf Zerspanungsmechaniker in einem kleinen Betrieb wie HAKU sein kann: (von links) Anna-Lena Klocke und Alexander Zurmühlen.